Sammlerportrait: Terry Huizing – Calcit & mehr

von Carl Francis

Kontakt: 86 Burroughs Road, Braintree, MA 02184, USA. eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Erschienen in der Zeitschrift Mineralogical Almanac 18/3, 2013. Ins Deutsche übertragen von Stefan Weiß

Terry & Marie Huizing 2007 auf einer „African Mineral Safari“ in der Cape Province, Südafrika. Foto: Tony Kampf

Wohl die meisten Mineralienfreunde kennen Terry E. Huizing als den „brillianten Kollegen“ hinter den Messeständen der amerikanischen Zeitschrift Rocks & Minerals in Tucson, Rochester, Cincinnati, Springfield, Denver, Detroit und München. Hier assistiert er seiner Frau Marie, Chefredakteurin der Rocks & Minerals, beim Bewerben des Magazins. International gilt Huizing als Sammlerpersönlichkeit und alter Hase, der sich auf das Thema „Calcit“ spezialisiert hat. Seine Mineraliensammlung ist ein Spiegelbild seiner Leistung als aktiver Sammler im Gelände, als Mitglied und Leiter eines Mineralienvereins, als Aussteller, Mineralienfotograf, Museumskustos, Autor und Reisender.

Aus Michigan nach Cincinnati
Terry Huizing wurde im Jahr 1938 geboren; er wuchs in einer Arbeiter-familie in der Stadt Grand Rapids auf. Hier, im Westteil der Unteren Halbinsel Michigans, genoss er die Kindheit draußen in der Natur. Kleine Kiesel aus braunem Jaspis, die sich so stark von den anderen Steinen des kiesbedeckten Hofes seiner Grundschule unterschieden, waren die ersten Mineralien, auf die er aufmerksam wurde. Mit dem Sammeln begann er im Alter von 12 Jahren, als er einen Kursus über Gesteine und Mineralien am Naturhistorischen Museum in Grand Rapids besuchte. Frau Dockery, frisch von der Universität, gab fleißig Anweisungen und lieferte Stücke, die numeriert und in einem Kataolog dokumentiert werden mussten. Seitdem stand fest: Huizing war ein zukünftiger Mineraliensammler. So war es nur logisch, dass er sich in der Oberstufe besonders für Chemie interessierte und 1961 an der Universität Michigan einen Abschluß als Chemieingenieur machte. Er heiratete die Englischstudentin Marie und sie zogen nach Cincinnati in Ohio. Hier trat er eine Stelle bei Procter and Gamble (P&G) an, Marie arbeitete als Lehrerin. Nur eine Woche nach ihrer Ankunft erwähnte ein P&G-Kollege einen örtlichen Mineralienverein und ein bevorstehendes Treffen am Freitagabend. So verbrachten sie ihren ersten freien Abend als Besucher der Cincinnati Mineral Society (CMS). Der Vereinsbeitritt folgte prompt, nachdem Marie bei einer abendlichen Verlosung einen Estwing-Geologenhammer gewonnen hatte (den Terry sofort in Besitz nahm). Seitdem teilten sie mit ihrer neuen „Familie” das gemeinsame Interesse an Mineralien, Sammeltouren und anderen gemeinsamen Aktivitäten. 35 Jahre lang war Terry Huizing ehrenamtlicher stellvertretender Kustos für Mineralogie am Cincinnati Museum Center. Hier ordnete er die Sammlung und verdoppelte ihren Umfang. Bis zu seiner Pension im Jahr 2001 arbeitete er bei Emery Industries, einer weiteren Chemiefirma in Cincinnati. Die Huizings leben immer noch in ihrem 1968 erbauten Haus auf einem herrlich bewaldeten Grundstück, wo sie ihre dreiköpfige Familie aufzogen. Das parkartige Areal ist ideal für schattenliebende Pflanzen und hier haben sie über 200 verschiedene Varietäten von Taglilien angepflanzt, neben weiteren 300 Stauden, Bäumen, Sträuchern, Gräsern und Farnen. Ihre Gartenanlage wurde kürzlich in einer Ausgabe der Zeitschrift Horticulture vorgestellt.

Eine Sammlung entsteht
Während der 1960er und 1970er Jahre war der Zugang zu aktiven Bergwerken und Steinbrüchen praktisch unbeschränkt. Dementsprechend enthalten Huizings frühe Sammlungsteile selbstgesammelte Stufen aus den Staaten des Mittleren Westens – Ohio, Indiana, Kentucky, Illinois und Michigan. Als einer von drei jungen CMS-Mitgliedern entdeckte er die Millerit-führenden Geoden von Hall´s Gap in Kentucky, als sie nach möglichen Exkursionszielen für die CMS suchten. Diese Millerite dienten, ebenso wie die Coelestin-Geoden von Mitchell/Indiana – als begehrte Tauschstücke mit anderen Sammlern, speziell mit Paul Desautels, dem legendären Kustos für Mineralien und Edelsteine an der Smithsonian Institution. Die Tauschaktivitäten reduzierten die Größe der Sammlung zugunsten von Qualität und Vielfalt. In den 1980er Jahren ersetzte der Kauf weitgehend das Selbstsammeln, denn das Familienleben wurde wichtiger und die Sammelmöglichkeiten schwieriger. Als er erkannte, dass nur wenige Sammler die Möglichkeit haben, eine umfassende Kollektion guter Qualität aufzubauen, entschied Terry Huizing, sich zu spezialisieren, klare Ziele zu setzen und seine bisherige Sammlung umzugestalten. Zum Glück erkannten mehrere Mineralienhändler seine Bedürfnisse, um ihn mit erstklassigen Kabinettstufen zu locken, die sie regelmäßig für ihn zurücklegten. Besonders Neal und Chris Pfaff halfen ihm mit ihren geschulten Augen für Qualität, Form und Symmetrie, preisgünstig die Basis seiner Calcit-Sammlung aufzubauen. Für Ken Roberts, mit dem er seine Leidenschaft für ästhetische Pseudomorphosen teilt, und für Brad Van Scriver, der ihm außergewöhnliche russische Calcite lieferte, mußte er sein Budget allerdings erweitern – doch erhielt er dafür auch bedeutende Stücke. Die meisten Stufen aus der Huizing-Sammlung sind entweder selbstgesammelt oder wurden einzeln gekauft. Als fortgeschrittener Sammler hatte er allerdings die Möglichkeit und den Mut, besondere Gelegenheiten zu ergreifen. So tätigte er zweimal Großkäufe, was seine Calcitsammlung dramatisch verbesserte: 1994 gelang ihm über Neal Pfaff der erste Zugriff auf Joe Kielbasos Calcitsammlung und 2003 kaufte er die komplette Kollektion indischer Calcite von Berthold „Bert” Ottens, der als deutscher Mineraliensammler, Reisender und Autor international bekannt ist.



Calcite, Midwest, Pseudomorphosen & Co.: Die Huizing Collection heute
Die Kalksteinformationen des Mittleren Westens der USA beherbergen Blei/Zink-Vorkommen vom „Mississippi Valley-Typ”. Die MVT-Lagerstätten mit ihrer recht einfachen Mineralogie liefern ebenso wie andere Fundstellen dieser Region eine Vielfalt an Calcit-Varietäten. Bereits Huizings frühe Sammlung enthielt viele schöne „Midwest”-Beispiele. So beschloß er, sich darauf weiter zu fokussieren und die folgenden Spezialsammlungen aufzubauen: Calcit: Die weltweit ausgerichtete Calcitsammlung zählt derzeit 650 Stufen, darunter über 100 Zwillinge und 50 rosafarbene, manganhaltige Calcite. Hinzu kommen auch einige ausgewählte, geschnittene und anpolierte Stücke. Gut dokumentiert sind jeweils die Fundstelle und die Herkunft der Stücke. Ein besonderes Augenmerk wurde auf unbeschädigte Stücke gelegt – vor allem was die Vielfalt an Kristallformen einschließlich der vier verschiedenen Zwillingsgesetze betrifft. Eine zusätzliche Betonung liegt auf farbenfrohen und verzwillingten Calciten. Stücke aus klassischen Fundstellen, sowohl historisch wie modern, sind eine weitere Bereicherung dieser Spezialsammlung. Mittlerer Westen der USA: In der „Midwest”-Regionalsammlung von 400 Stufen stehen – außer Calcit – alle Mineralarten aus den Sedimentgesteinen von Ohio nach Westen bis Missouri und vom Tennessee nach Norden bis Michigan (wegen Terrys Herkunft sind hier auch Stücke aus den Eisen- und Kupfergruben der Upper Peninsula vertreten). Würde man die „Midwest”-Calcite aus der weltweiten Calcitsammlung hinzurechnen, so würde der „Midwest”-Sammlungsteil insgesamt mehr als 600 Stufen umfassen. Pseudomorphosen: Diese weltweite Sammlung von 100 Stücken ist eng auf ästhetische Gesichtspunkte ausgerichtet: hier herrschen Farbe, Form und Erscheinungsbild. Rund die Hälfte davon sind Mineralarten, die Calcit ersetzt haben – eine schöne Verbindung mit der Calcitsammlung. Alle anderen: Natürlich gibt es Stufen, die einfach nicht in die obengenannten Kategorien passen, jedoch das „Gesundschrumpfen” der Sammlung überlebt haben oder hinzugefügt wurden – „einfach weil...”. Darunter sind rund 300 Stufen, überwiegend Quarze und Klassiker, sowie Stücke aus den während all der Jahre besuchten Fundstellen oder Ländern. Eine kleine Bergbaukollektion aus Erinnerungsstücken schmückt das Haus der Huizings. Sie umfaßt Grubenlampen, Skulpturen und Gemälde, die Terry und Marie als „Familiensammlung” gemeinsam zusammengetragen haben. Insgesamt zählt die Huizing Mineral Collection rund 1.500 Stücke, meist Kleinstufen, Normalstufen und Kabinettstücke. Hinzu kommen die eine oder andere sehr große Stufe und einige Thumbnails, als wichtige Vertreter der Calcit- und Midwest-Suiten.

Vom Nutzen einer Sammlung
Ähnlich wie ein Klavier kann eine Sammlung die Zierde eines Hauses darstellen, ein Hilfsmittel zur persönlichen Bildung, und ein Instrument zur Vorführung. Huizing ist ein ausgewiesener Darsteller. Schon früh entdeckte er die Freude, seine Sammlung mit Anderen zu teilen. Anfangs versuchte er es über die Teilnahme an öffentlichen Wettbewerben, wo er sich nützliche Kommentare von den Juroren erhoffte. Er stellte allerdings fest, dass die Kommentare üblicherweise zu freundlich und wenig hilfreich waren. So zeigt er seine Stücke nun immer noch in Tucson, Rochester, Cincinnati, Denver und Detroit, gelegentlich auch in München, aber nicht mehr innerhalb von Wettbewerben. Bereits im Jahr 1968 hatte Terry Huizing die American Federation of Mineralogical Societies National Trophy für die beste umfassende Mineralien-Sonderschau und im Jahr 1971 die Thumbnail-Sonderschau der Midwest Federation of Mineralogical Societies gewonnen. Die meisten Karbonatmineralien der 1968er Sonderschau wurden in die heutige Sammlung integriert, doch wurde die nur für Wettbewerbszwecke geschaffene Thumbnail-Sammlung vor kurzem aufgelöst. Zum Spaß beteiligte sich Terry an den Wettbewerben für Einzelstücke, als Calcit das Sonderschau-Thema in Denver (1995) und in Tucson (1996) war. Gegen hochkarätige Konkurrenz errang er Pokale für die beste Calcit-Kleinstufe und die beste Calcitstufe in Normalgröße. Terry Huizing besitzt ein sehr gut entwickeltes Gespür für Ästhetik, was sowohl in seinen Präsentationen als auch in der Auswahl seiner Stücke klar wird. Vielleicht ist es für einen gelernten Ingenieur ungewöhnlich – doch vermeidet er gerade Linien und symmetrische Anordnungen. Am liebsten präsentiert er seine Stücke auf freistehenden, unterschiedlich hohen Podesten, um den vertikalen wie den horizontalen Vitrinenplatz optimal auszunutzen. Dieser unkonventionelle Ansatz positioniert die Stücke näher am Auge des Betrachters und grenzt sie gleichzeitig gut ab. In den 1980er Jahren fügte Terry seinem Hobby eine weitere Dimension hinzu, als er die Mineralienfotografie erlernte. Er nutzt jetzt seine Sammlung, um Vorträge und Artikel zu bebildern. Damit erreicht er ein breites Publikum, die wohl nie seine Stücke direkt sehen werden, sie aber dennoch genießen und von ihnen lernen können. Sein fotografisches Werk ist auch in die Sonderausgabe „The Grandmasters of Mineral Photography” des Mineralogical Almanac eingebunden. Stufenfotos aus der Huizing Collection erschienen im Katalog der Münchner Mineralientage und in den Zeitschriften Aufschluss, LAPIS, extraLapis English, Mineralogical Record, Rivista Mineralogica Italiana, Rock & Gem und Rocks & Minerals, ebenso in den Büchern „American Mineral Treasures”; „China: Mineralienfundstellen und Lagerstätten”; „Marokko, Land der schönen Mineralien und Fossilien”. Terry Huizing wirkte, zusammen mit Peter R. Richards, als Herausgeber des extraLapis English No.4: „Calcite” und verfasste mit John C. Medici das Kapitel „Celestine from the Findlay Arch District, Ohio and Michigan” im Buch American Mineral Treasures.

Mehr als ein Sammler
Seit ihrem Umzug nach Cincinnati im Jahr 1961 teilten die Huizings ein gemeinsames Interesse an der Mineralogie. Terry trug über lokale, regionale und nationale erdwissenschaftliche Vereinigungen viel dazu bei. Er war Vorsitzender und Programmleiter der Cincinnati Mineral Society; 1964 begründete er eine der wirklich großen regionalen Börsen für Edelsteine, Mineralien und Fossilien und wirkt seitdem in der Veranstaltungsleitung; er regte eine Bildungseinrichtung zur finanziellen Förderung von Studenten und Organisationen der Geowissenschaften an. Auf regionaler Stufe sorgte Terry Huizing als Präsident der Midwest Federation of Mineralogical and Geological Societies (1975) für einheitliche Regeln bei Wettbewerbsausstellungen, mit Einführung des originalen Fleischer Glossary of Mineral Species als offizieller Referenz. Auf nationaler Ebene wirkten Terry und Marie an der Veranstaltungsleitung mit, als die Stadt Cincinnati 1981 das Jahrestreffen der Geological Society of America ausrichtete. Als die Zeitschrift Rocks & Minerals im Jahr 1975 von den Angehörigen des Gründers Peter Zodac verkauft wurde, bat man Terry Huizing, als Schriftleiter zu fungieren – dies tut er noch heute. Wenig ahnten die Huizings, wie diese neue Tätigkeit ihr Leben verändern sollte. Im Jahr 1978, als Marie zur Chefredakteurin ernannt wurde, beschlossen beide, dass die Zeitschrift von nun an auf allen wichtigen Mineralienmessen vertreten sein sollte. Dazu war ein Ausstellungstisch oder eine Kabine zu organisieren, was die Präsenz beider Huizings erforderte. Bald waren beide regelmäßige Aussteller in Tucson, Denver, Cincinnati und Detroit, den wichtigen Börsen jener Zeit. Im Laufe der Zeit folgten weitere bedeutende Veranstaltungsorte, darunter die East Coast Show, München und Sainte Marie-aux-Mines. Terry Huizing warb von Beginn an immer auch für andere geowissenschaftliche Publikationen, um damit möglichst viele potentielle Leser als Abonnenten anzusprechen. So fungiert er nun als nordamerikanischer Vertreter für mehrere Mineralienmagazine, deren Personal an den Börsen nicht teilnehmen kann, darunter das Australian Journal of Mineralogy, den Mineralogical Almanac und das U.K. Journal of Mines and Minerals. Im Laufe der Jahre – und erst recht seit seiner Pensionierung – besuchte Terry Huizing viele mineralogische Attraktionen. Dazu zählen Ausstellungen, Museumskollektionen und Privatsammlungen, Symposien und Konferenzen, aber auch Bergwerke, Mineralienmärkte und geologisch interessante Plätze. So ging es beispielsweise vor kurzem mit der Mindat-Gruppe nach Marokko.


aus Lapis 9/2014

DSGVO

Service

Abonnieren

Einzelausgaben

Infos

C.WEISE VERLAG