Sainte-Marie-aux-Mines 2018

Amethyst satt, Silbermineralien, Sammlerträume
von Robert Brandstetter

Vom 21. bis 24. Juni, wie gewohnt zur Jahresmitte, fand heuer bereits zum 55. Mal die Mineralienbörse in der elsässischen Bergbaustadt Sainte-Marie-aux-Mines statt. Das nun bereits jahrelang unter kommunaler Führung veranstaltete Großereignis ist inzwischen bestens organisiert. Auf gegenüber dem Vorjahr leicht vergrößerter Ausstellungsfläche von 53 000 m2 waren es heuer rund 990 Aussteller aus 56 Nationen, die rund 1100 Ausstellungsstände und Zelte bestückt haben. Während man auf kleinen lokalen Börsen zunehmend über schwindendes Interesse, sowohl von Besuchern als auch von Händlern klagt, scheint dieser Trend die beiden bedeutend-sten Mineralienmessen in Europa nur wenig zu tangieren. Vielleicht liegt es am Angebot für jede Brieftasche? Hier sollte wirklich jeder, selbst langjährige Spezialsammler, irgendetwas finden, was das verwöhnte Sammlerherz höherschlagen lässt und die Strapazen und Kosten der langen Reise rechtfertigt. Aber auch diejenigen, die nur schauen oder sich informieren wollen, kommen bevorzugt auf solche Großveranstaltungen. Nicht zuletzt deren aufwändig gestalteten Sonderschauen – und davon gab es heuer in Ste. Marie-aux-Mines gleich mehrere – sind ein enormer Publikumsmagnet. Und als würde man die passende Witterung auch vorbestellen oder mitplanen können, zeigte sich das Wetter heuer wieder von seiner besten Seite. Sonnig und heiß, aber nicht so unangenehm schwül wie oft in den vergangenen Jahren, und ohne Niederschläge während der gesamten Dauer.



Fossilien – eine Schau!
Die bereits in der Einleitung angesprochene vergrößerte Veranstaltungsfläche ist hauptsächlich auf eine vollkommen neue Fossilienzone zurückzuführen. Erstmals wurden im Pavillon Osmont die wichtigsten Fossilienhändler zu einer umfangreichen Fossilienausstellung zusammengefasst. Dieses große rosa Gebäude an der Ecke Rue Osmont und Rue Saint-Louis liegt nur rund 100 Meter von der Theatertreppe in südlicher Richtung.Hier gab es heuer zur Eröffnung dieses neuen Bereichs als besonderen Höhepunkt eine einmalige Sonderschau von Interprospekt Group AG, mit 28 ausgewählten und hochqualitativen Fossilien aus den Solnhofener Plattenbrüchen in Bayern zu bestaunen. Solnhofen war einst im Mesozoikum eine tropische Lagune und die Sonderschau bildete einen repräsentativen Querschnitt über die damalige Artenvielfalt in der späten Jurazeit, vor rund 150 Millionen Jahren. Funde von hier sind weltweit geschätzt für einen zumeist ausgezeichneten Erhaltungszustand der versteinerten Lebewesen. Bei dieser Sonderschau gab es erstmals für Europa eine Solnhofen-Ausstellung in einem derartig ausgesuchten und beachtlichen Umfang, zusammengestellt von Frédéric Lacombat, dem Paläontologen und wissenschaftlichen Leiter bei Interprospekt. Diese Firma wird künftig interessierten Museen weltweit Exponate aus ihrer umfangreichen Gesamtsammlung für Sonderschauen zur Verfügung stellen. Vor dem Haupteingang zur neuen Fossilienzone befand sich die wetterfeste Nachbildung eines riesigen Tyrannosaurus rex-Skeletts in Originalgröße. Wahrscheinlich auch das beliebteste Foto- und Selfie-Motiv dieser Messe! Nach diesem lohnenden Kurzausflug in die Welt der fossilen Überreste einstiger Lebewesen geht es nun wieder zurück zum Kernthema dieses Messerückblicks. Die durch die neu gestaltete Fossilienhalle frei gewordenen Ausstellungsplätze wurden größtenteils durch ein Angebot ersetzt, das qualitativ wenig auffiel. Einige Händler vergrößerten ihre Ausstellungsfläche, andere belegten einen zweiten Standplatz für billige Abverkaufsware und wiederum andere kamen neu hinzu, ohne durch ein besonderes Angebot zu glänzen. Auch Ste. Marie-aux-Mines hat inzwischen eine Grenze erreicht, die am Ende einer sinnvollen Erweiterung für alle Beteiligten stehen dürfte. Es gibt einfach nur eine begrenzte Anzahl an Händlern, die im Stande sind, eine erwähnenswerte Qualitätsauswahl zu bringen. Eine weitere Vergrößerung rentiert sich für den Veranstalter höchstens durch noch mehr vermietete Laufmeter und Zelte, bringt aber im Gegenzug den Händlern noch mehr Konkurrenz und macht es für alle übrigen Beteiligten vermutlich unübersichtlicher. Besonders heuer gab es inmitten der Mineral Zone ganze Zelte voll mit Windspielen, Drehspiralen und sogenannten „Dreamcatchern“ (Traumfängern). Sicherlich gibt es auch hierfür Käuferschichten, aber aus der Sicht mineralienbegeisterter Besucher, für die diese Veranstaltung eigentlich steht, sollten derartige Verkaufszelte keinesfalls noch mehr werden!An Neuheiten und Neufunden gab es bei genauem Hinsehen auch heuer durchaus wieder einiges zu entdecken. Nach den aus mineralogischer Sicht „fetten Jahren“, die uns der Zusammenbruch der ehemaligen kommunistischen Strukturen und die folgende Öffnung dieser rohstoffreichen Länder bescherte, sind wir zwischenzeitlich längst wieder auf den Boden der Realität zurückgekehrt.  яндекс


China schwächelt
China, als letzter mineralogischer Großlieferant über mehr als 15 Jahre, tritt praktisch nicht mehr in Erscheinung. Laut mündlicher Mitteilung von China-Experten Berthold Ottens wurde derzeit auch die Produktion in den Bergwerken von Huanggang, woher die größte Menge an sensationellen chinesischen Neufunden der letzten Jahre hauptsächlich kam, leider auf ein Minimum reduziert. An dieser Stelle möchte ich einen Satz von Bert zitieren, den er scherzend bei einem gemeinsamen Abendessen aussprach und der die derzeitige Situation genau auf den Punkt bringt: „Chinesen sind heuer nur wenige hier und jene die da sind, haben auch nicht mehr viel!“Auf manchen Tischen der chinesischen Anbieter, wo man früher das eine oder andere Schnäppchen erhaschen konnte, sieht heutzutage die zum Verkauf präsentierte traurige Realität bedauerlicherweise etwas anders aus: Bedampfte Quarze als bunter Tand oder gezüchtete „Bergkristalle“ mit grünen Phantomen.
Trotzdem haben es einige wenige Funde aus Huanggang wieder in das Elsass geschafft. Bereits Ende des vergangenen Jahres dürften hochglänzende und schön transparente Fluorit-Oktaeder bis 6 cm Kantenlänge gefunden worden sein. Diese Kristalle haben trotz glatter Oberfläche teilweise interessante und tief in die Kristalle hineinreichende Ätzfiguren und sitzen zumeist einzeln und sehr kontrastreich auf weiß-gelblichen Zepterquarzen. Corrado Vietti aus Florenz zeigte die besten Stücke aus diesem Fund in seinen Verkaufsvitrinen im Theater.– Gleich mehrere chinesische Händler hatten recht große lose Fluorit-Oktaeder, farblos im Kern, mit intensiv violettem Außenbereich. Die Kantenlänge lag bei durchschnittlich 10 cm. Obwohl diese Fluorite den Eindruck großen Potenzials vermuten lassen und Dimension und Beschaffenheit recht beeindruckten, handelte es sich bei den rund 50 angebotenen Stücken ausschließlich um beschädigte Einzelkristalle oder Fragmente.
Aus Myanmar, um gleich in Asien zu bleiben, kam ebenfalls ein Neufund auf die Börse. Knapp zwei Dutzend Farbturmaline, davon rund ein Drittel in ausgezeichneten Sammelstufen, stammen aus Pyingyi Taung, Male Singu. Rudolf Watzl (Saphira Minerals) präsentierte Stücke, die als Basis teilweise doppelendige und leicht rauchige Quarze aufweisen. Darauf sind bis fingerdicke und mehrere Zentimeter lange Turmalinkristalle aufgewachsen, die intensive Magentafärbung, teilweise mit orangefarbenen Farbzentren, aufweisen. Bestechend ist auch der enorme Hochglanz der Kristalle und die facettenreichen glatten Endflächen. Ebenfalls aus Myanmar gab es am selben Stand auch noch ausgezeichnete Spinelle bis 3 cm Größe auf weißem Marmor. Ungewöhnlich waren besonders transparente glasige Kristallschichten in den intensiv dunkel rosé gefärbten Spinellen, mit einem satten Rotstich. Als Fundstelle war Pyan Pyit, Mogok angegeben.


Aus Russland ...
kamen diesmal Natrolith als ungewöhnliche, bis zu 6 cm lange und rund 1 cm dicke, zylinderförmige Kristalle. Diesen an sich häufigen Zeolith kennt man sonst hauptsächlich als nadelige Kristalle, die oft igelförmig verwachsen sind. Umso interessanter waren diese dicken grauen Kristalle mit farbzonar abgesetzten, weißen Kristallenden, nicht selten auch als Doppelender ausgebildet. Zur Paragenese gehören weiters noch Fluorit als dünne dunkelviolette Anflüge, Pektolith und Mangan-Neptunit. Bei genaueren Untersuchungen könnte die Mineralliste aber noch länger werden. Die Stufen stammen aus einem Neufund in der Kirovskiy Mine im Kukisvumchorr-Gebirge, Chibiny, Halbinsel Kola. Der Russe Mikhail Anosov hatte rund 10 derartige Stufen im Zelt von KARP aus Tschechien angeboten. Die Größenauswahl reichte von der kleinen Handstufe bis zu Stücken mit rund 25 cm.


Amethyst aus Bahia
Gleich mehrere Novitäten kamen aus Südamerika auf den Mineralienmarkt. Der italienische Händler Marco Tironi brachte rund 40 Stück neue Apatite aus der Golconda Mine, Minas Gerais, Brasilien. Die intensiv dunkelblauen Kristalle erreichen zwar nur 5-6 mm Durchmesser, sind aber einzeln auf weißem Cleavelandit oder klaren Quarzen aufgewachsen und sorgen somit für einen guten farblichen Kontrast. Mineração Moura und noch weitere brasilianische Händler hatten große Mengen an Amethyst von einem Neufund aus Bahia, Brasilien. Um die Quelle zu schützen wurde der Fundort vorerst nicht präziser definiert. Der Umstand erinnert ein wenig an die heutzutage ungeliebten Etiketten aus den 1970er Jahren, als es als normal galt, nur das Hauptmineral, den Bundesstaat und das Land zu erwähnen. Da es bei einem Sammelstück aber auch darauf ankommt, wo es herstammt, sind derartig ungenaue Fundortangaben heutzutage absolut nicht mehr zeitgemäß. Immerhin ist der Bundesstaat Bahia um 10% größer als ganz Spanien. Die Amethyste zeigen fleckig hell- bis dunkelviolette Färbung und bis zu 25 cm lange Spitzen, die aus unzähligen Einzelindividuen artischockenartig aufgebaut sind. Begrenzt werden die Amethyste überwiegend von drei großen Endflächen. Die weiteren drei Kopfflächen konnte man nur untergeordnet, als verhältnismäßig kleine Flächen über den vielen Subkristallen erkennen. Angeboten wurden perfekte Stufen bis Halbmetergröße, in kräftigem Violett. Bei vielen kleineren Stücken, die oftmals nur blasse Färbung aufweisen, waren teilweise die Kopfflächen nachgeschliffen und poliert.


Begehrte Silbermineralien aus Mexiko
In den vergangenen Jahren hat sich Mexiko durchaus wieder zu einem ständig erwähnenswerten Lieferanten an begehrten Sammlermineralien entwickelt. Neufunde seltener Erzmineralien vom Januar 2018 stammen aus der San José Mine, San José del Progreso im Ocotlán Distrikt, Oaxaca. Fabre Minerals hatte einen rund 3 cm großen Aguilarit-Schwimmer, ein seltenes Silber/Selen-Sulfid, mitgebracht. Aus derselben Mine gab es noch weitere Sulfide, wie Miargyrit bis knapp 1 cm, Pyrargyrit bis rund 5 mm und Akanthit in kleinen Kristallen. Der Spanier bot nur wenige Stücke an, doch jedes einzelne davon war zuvor analysiert worden! Jordi Fabre offerierte auch Antlerit auf Goethit aus der Milpillas Mine bei Cuitaca, Sonora, Mexiko. Das Kupfersulfat ist zwar für diese weltbekannte Mine nicht ganz neu, aber eine aufgewachsene Kristallgruppe von 2,5 cm Durchmesser, mit Einzelkristallen bis 8 mm, kann durchaus als sensationell gelten. Dem Sortiment von Fabre Minerals folgend, macht der Bericht nun einen weiten Sprung von Amerika nach Europa.


Gold aus Spanien!
Mit Metalldetektoren suchten spanische Sammler in den letzen 10 Jahren Goldnuggets im Bereich der Straße Coria–Moraleja, Huélaga, Sierra da Gata, Cáceres. Davon ist bisher nur wenig über die Landesgrenzen Spaniens hinaus bekannt geworden. Unter den von Jordi angeboten Stücken befand sich auch ein imponierendes Nugget mit 21,5 Gramm, das mit knapp unter 3 cm Länge für europäische Verhältnisse durchaus recht stattlich ist. Weiters gab es noch neue Pyromorphite aus der La Ascensión del Señor Mine (auch als Mercader Mine bekannt) bei Munébrega, Saragossa, Aragonien. Die bis 5 mm messenden gelbgrünlichen Kristalle sind sicherlich für Regionalsammler oder Liebhaber von sekundären Bleimineralien eine willkommene Neuheit auf dem Markt, nicht zuletzt auch wegen ihrer günstigen Preise. Rund 30 Stück Rauchquarz und Amethyst auf Mikroklin und Albit, teilweise als Zepter-Überwachsungen ausgebildet, stammen aus dem Steinbruch Pedrera Mas Sever bei Massabè, Girona, Katalonien. Diese Stücke wurden zwar bereits zwischen 2004 und 2010 gefunden, Fabre Minerals brachte aber erst jetzt erstmals eine größere Menge davon auf eine internationale Mineralienbörse mit.


Aus Frankreich ...
stammen zwei Neufunde mit Fluorit aus Bergwerken in der Region Langeac. Der „Cristallier“ Sylvaín Desfarges barg im März 2018 eine größere Menge relativ klarer Fluorite, aufgewachsen auf hellem Quarz. Die würfeligen Kristalle sind hauptsächlich farblos und die ausgestellten Stücke zeigten Kantenlängen bis 3 cm. Auf den Fundstellenzetteln wurde die Mine de Pratclaux, Langeac, Haute-Loire, genannt. Bereits kurz zuvor, im Februar 2018, entdeckte Nicolas Vignat in der Mine Marsanges eine Druse mit schönen Fluoriten. Diese Fundstelle liegt angeblich nur rund 300 Meter von der zuvor genannten entfernt. Dieser Fund ist allerdings als wesentlich spektakulärer zu betrachten, weil es sich hierbei um einzeln auf weißem Quarz aufgewachsene gelbe Fluoritwürfel mit blauem Kristallkern handelt. Angeboten wurden Kristalle mit 1-3 cm Kantenlänge. Laut Angaben des Finders sollen in wenigen Fällen auch bis zu 6 cm KL erreicht worden sein. Über die Menge des geborgenen Materials wurden keine genauen Angaben gemacht, doch soll es sich um eine durchaus erwähnenswerte Menge gehandelt haben. Die meisten Stücke wurden zwischenzeitlich aber bereits auf die vielen Fluoritsammler innerhalb Frankreichs aufgeteilt.


Wolfie Pocket – Fluorit vom Feinsten!
Bereits im Münchenbericht erwähnt wurden die Fluoritfunde in der neuen Diana Maria Mine im Rogerley Quarry bei Frosterley/Weardale, Durham, Nordengland. Hier wurden in den vergangenen Monaten durch Crystal Classics noch zahlreiche schöne Fluorite geborgen, von denen beinahe ein ganzes Zelt voll, gestaffelt in allen Preislagen, den Weg nach Frankreich gefunden hatte. Besonders erfreulich ist aber auch die Tatsache, dass in der gleich nebenan im selben Steinbruch liegenden Rogerley Mine, nach Dutzenden tauber Stollenmeter, im Frühjahr 2018 endlich wieder eine sensationelle Druse angefahren werden konnte. Das sogenannte „Wolfie Pocket“ enthielt wasserklare und intensiv grün gefärbte Fluorit-Zwillinge mit intensiver blauer Tageslichtfluoreszenz. Angeboten wurden diese Stücke von Crystal Classics im Theater. Die besten Stücke dieser Neuentdeckung brauchen einen Vergleich mit den schönsten Funden der letzten 15 Jahre nicht zu scheuen. Crystal Classics wurde seinem Namen aber auch mit weiteren angebotenen Stücken mehr als gerecht. Durch den Erwerb einiger Topsammlungen in Mitteleuropa war es Ian Bruce möglich, einen Schaukasten auf die Börse zu stellen, den man höchstwahrscheinlich nicht so schnell wieder zu Gesicht bekommen dürfte. Gleich vier hervorragende Hessite aus Botes, sowie Gold aus Rumänien, Silber aus Kongsberg und Freiberg, Stephanit aus Schneeberg und Freiberg, ungeätztes natürliches Wismut aus Alberoda, Nagyagit aus der gleichnamigen Typlokalität, um nur einige Stücke daraus zu benennen. Meistens gab es davon gleich mehrere Stücke, in verschiedenen Preisklassen. Hier hätte man die Möglichkeit gehabt, das nötige „Kleingeld“ in der Hosentasche vorausgesetzt, sich eine umfangreiche Sammlung europäischer Klassiker auf einen Schlag aufzubauen. Man darf sich aber durch dieses derzeit reichhaltige Angebot an sehr gesuchten Klassikern nicht täuschen lassen. Durch die bereits angesprochenen Ankäufe von Kollektionen berühmter Persönlichkeiten ist gegenwärtig ein gefühltes Überangebot am Markt. Wenn diese Stücke aber wieder unter den Sammlern verteilt sind, wird es wieder Jahre dauern, bis von bestimmten Mineralien wieder das eine oder andere auf dem Markt auftaucht. Deshalb sollte die Situation eher als ein günstiger Moment gesehen werden, überhaupt an derartige Stufen zu gelangen und dabei vielleicht sogar noch aus mehreren Stücken auswählen zu können. An dieser Stelle muss auch Wendel Minerals erwähnt werden, die ebenfalls seit Jahren auf den Erwerb und Verkauf von alten Sammlungen spezialisiert sind. Ohne jetzt konkrete Beispiele nennen zu wollen, erfreuten auch in diesem großen Doppelzelt hervorragende Klassiker in großer Zahl und hervorragendem Zustand das Auge des Betrachters.


Von Namibia nach Marokko
Zum Abschluss des Rückblickes über Neuheiten geht es in den Süden, auf den afrikanischen Kontinent. Wenige Tage vor Beginn der Börse wurde die Sammlerszene vom unerwarteten Ableben des bekannten Namibia-Speziallisten Dr. Heinz Erich Malzahn (Omaruru Gemstones Processing CC) überrascht. Heinz, den ich auch persönlich recht gut aus mehreren Besuchen in seinem Haus in Omaruru kannte, wird der Sammlerszene sehr fehlen. Obwohl aufgrund seiner markanten Wesenszüge ein Auskommen mit ihm nicht immer einfach war, was er auch stets gerne selbst betonte, war er doch für viele Jahre ein wichtiger Lieferant für hervorragende Mineralien aus Namibia. Wie sehr jemand fehlt und welche Rolle er im Leben gespielt hat, erkennt man oft erst dann, wenn er nicht mehr unter uns weilt. Einige seiner Stücke, die für den Verkauf in Ste. Marie bestimmt waren, boten seine Söhne Joachim und Wolfgang an einem eigenen Stand an. Aus dem Brandberg-Massiv in Namibia ist ein Fund außergewöhnlicher gefensterter Rauchquarz/Amethyst-Kristalle aufgetaucht, die durch ihre Kristallgröße wie auch ihren Aufbau und den für die Fundstelle guten Oberflächenglanz beeindruckten. Rund ein Dutzend Stücke aus dem Fund vom Januar 2018 gab es bei Atlantis Kristalle & Mineralien zu sehen. Marokko lieferte bereits über einen sehr langen Zeitraum kontinuierlich immer wieder bemerkenswerte Neufunde für den Mineralienmarkt. Anders als aus den Nachfolgestaaten der UdSSR oder aus China gab es hier keine Spitzen nach einer Öffnung infolge eines politischen Umbruchs und nach einigen Jahren einen beinahe vollständigen Zusammenbruch des Marktes, sondern dieses nordafrikanische Land liefert konstant bemerkenswerte Neufunde. Besonders auffällig waren heuer größere Mengen von Gersdorffit aus Aït Ahmane bei Bou Azzer. Während derartige Stücke erst seit wenigen Jahren vereinzelt gehandelt wurden, konnte man diesmal überraschend Dutzende Stücke antreffen. In Ausnahmefällen erreichten die Oktaeder diesmal sogar unglaubliche 6 cm Kantenlänge! Es gab vereinzelt auch mächtige Erzstufen bis Halbmetergröße, voll besetzt mit diesem Nickelarsenglanz. Wobei sich allerdings die Frage aufdrängt, ob eine Gersdorffit-Stufe so groß sein muß? Die durchschnittliche Kristallgröße lag hier nämlich „nur“ bei 1-2 cm. Erstaunlich war dabei, dass beinahe keines dieser neuen Stücke mehr den auffälligen grünen Überzug aus Annabergit aufweist, der eigentlich für die Stücke der letzten Jahre charakterisierend war. Leider handelte es sich hier in den seltensten Fällen um unbeschädigte Kristalle, weil dieses Mineral sehr spröde ist. Allerdings war für einen Marokkosammler möglicherweise diesmal der richtige Zeitpunkt, dieses Mineral zu erwerben. Einige der angebotenen Stücke – sie zeigen beinahe Chromglanz und sind praktisch rißfrei – zählen sicherlich zu den besten Vertretern dieser Mineralart weltweit. Die besten Stücke davon hatte diesmal Mibladen Mineraux. Markasit als hochglänzende plattige Kristalle zu pflanzenähnlichen Gebilden verwachsen auf weißen Quarzperimorphosen stammen aus dem Grubenrevier Oumjrane bei Alnif. Aus Tafraout, gleichfalls nahe Alnif, kamen intensiv violette artischockenartig aufgebaute Amethyste mit glänzenden dreieckigen Endflächen. Gleich mehrere Händler boten rund 50 derartige Spitzen an, die aber allesamt mehr oder weniger beschädigt waren. Es wäre interessant, wenn künftig von hier auch unbeschädigte Stücke auf den Markt kommen würden. Hamid Ould Mansour brachte mehrere Stufen eines silbrig grünlichen und feinnadeligen Minerals aus einem Neufund bei Imilchil mit nach Frankreich. Bei Untersuchungen nach der Börse stellte sich heraus, dass es sich dabei um Ferroaktinolith, vergesellschaftet mit Prehnit handelt. Der marokkanische Händler Hassan Bourkarch brachte Neufunde aus Aouli, Provinz Midelt. Artischockenquarze mit einer sehr zarten rosa-lila Tönung, die zu aufsitzenden kugeligen Gebilden verwachsen sind. Weiters gab es bei ihm gelbbräunlichen Fluorit auf Quarz; einige Flächen sind mit hellrosa Baryt überzogen. Ein größeres Stück aus dem Lot war in seiner Form dem afrikanischen Kontinent sehr ähnlich. Dies wurde beim Betrachten allerdings extra betont und fand sich auch in der Preisgestaltung wieder. Die bereits im Tucson-Bericht erwähnten Fluorite aus Madagaskar waren auch in Sainte Marie-aux-Mines in großer Menge bei mehreren Händlern vertreten. Allerdings war es nicht ganz einfach, trotz der großen Menge auch halbwegs brauchbare Stücke zu entdecken. Zumindestens gibt es in der Zwischenzeit auch schon eine adäquate Fundstellenbezeichnung, die aber für Mitteleuropäer nicht ganz einfach zu merken ist: Malaimbandy bei Mandrosonoro, Region Amoron´i Mania, Provinz Fianarantsoa, Zentral-Madagaskar. Etwas einfacher macht es die Tatsache, dass die Sakavalana Mine, Ambatovita, Mandrosonoro, in der Nähe liegt, bekannt als Fundstelle der weltbesten Pezzottaite.


Obacht, Fälschung!
Als negativer Höhepunkt muss aber leider auch erwähnt werden, dass ein schon längere Zeit bekannter Händler von Verfälschungen, über den auf den meisten Börsen im deutschsprachigen Raum bereits ein Ausstellungsverbot verhängt wurde, es trotzdem wieder einmal geschafft hat, sich im Bereich des Val Expo-Gebäudes (VE1) einen kleinen Reihentisch zu erschleichen. Verkauft wurden hier beinahe ausschließlich radioaktiv bestrahlte Mineralien wie Fluorit mit Quarz aus China oder Artischockenquarze aus Rumänien. Die vorher minderwertigen und eher farblosen Stücke, die sonst niemand kaufen würde, sind billig erworben; durch die radioaktive Bestrahlung erlangen die Fluorite eine unnatürliche und auffällig intensive Blautönung und die an sich weißen Quarze werden zu unnatürlich dunklem „Morion“. In der Galeria Boldut, Cavnic, Rumänien gibt es ganz sicher keinen Rauchquarz! Angeboten werden die behandelten Stücke dann mit Phantasie-Fundstellenbezeichnungen, wie: „Kasachstan“. Auch zum Thema radioaktive Mineralien generell möchte ich an dieser Stelle noch hinzufügen, dass ein französischer Händler, ebenfalls im gerade zuvor erwähnten Ausstellungsbereich, stark-strahlende Mineralien aus Les Oudots/Frankreich ungeschützt, ungekennzeichnet und für jedermann berührbar, an einem offenen Reihenstand ausgestellt hatte. Hier spreche ich nicht von schwach radioaktiven Belegen, sondern von einem über 30 cm messenden Stück, reich mit Pechblende besetzt und von einigen weiteren, ebenfalls bis 30 cm messenden Stufen, vollständig mit knapp zentimetergroßen Autunit-Kristallen überwachsen. Weil diese Mineralien stark strahlen, stellt sich sogar die Frage, ob Stücke in dieser Größe überhaupt noch in privatem Besitz genehmigt sind? Radioaktive Mineralien kann man mögen oder nicht, sie sind aber zweifellos ein sammelwürdiger und wichtiger Teil der Gesamtmineralogie. Allerdings sollte beim Umgang mit derartigen Belegen ein Mindestmaß an Fachkenntnis, Professionalität und Vorsicht geboten sein. Auch mehrere Aussteller aus Sachsen oder Wittur Minerals haben radioaktive Mineralien zum Verkauf angeboten, allerdings als Kleinstufen luftdicht eingedost und vorbildhaft mit Warnschildern gekennzeichnet! Genau hier liegt aber dann der Unterschied, wenn es um die unterschätzte Gefährdung uninformierter Besucher oder Standnachbarn geht. Radioaktive Mineralien zerfallen gerne, bröseln leicht ab und werden danach als Staubpartikel eingeatmet.


Die Sonderschauen
Bereits seit einigen Jahren, aber besonders augenscheinlich ein Jahr nach der Übernahme durch die kommunale Börsenleitung, werden die Besucher mit einer umfangreichen Haupt-Sonderschau verwöhnt, der sogenannten „L´Exposition Prestige“. Seit Bereitstellung des örtlichen Hallenbades (Piscine) als weitere Präsentations- und Ausstellungsfläche, gleich neben dem Theater, gibt es hier zusätzlich weitere kleinere Spezialausstellungen, ähnlich der Alpin-Sonderschau in München, nur deutlich weniger aufwändig. Zwei verschiedene Themen wurden heuer hier zur Schau gestellt. Einige Vitrinen gab es zum oft behandelten Lieblingsthema der Franzosen: „La Fluorite“ (Fluorit). Eine durchaus sehenswerte und vor allem sehr bunte Auswahl, hauptsächlich aus französischen und englischen Bergwerken, präsentierten hier Sylvain Desfarge, Jean-Marc Pyré, Enrico Rinaldi, Agostino Mariani, Nicolas Vignat und noch einige weitere Sammler. Das Thema „Trésors de Cristalliers“ (die Schätze der Strahler) begnügte sich mit wenigen und nicht besonders dicht bestückten Schaukästen, zusammengestellt aus Stufen französischer Strahler, wie Grégoire De Bodinat, Sylvain Desfarge, Jérôme Arnou, Jean-Marc Pyré, der Familie Brun, Stéphane Bizien und Davide Caresio. Die Hauptsonderschau, heuer unter dem Titel „Fantasminéral: Rêves de collectionneurs“ befand sich wieder, wie bereits gewohnt, im Ausstellungsraum des Val d´Argent Expo-Gebäudes und wurde abermals unter der bewährten Leitung von Alain Martaud zusammengestellt. Gemeint waren mit dem Titel aber nicht, wie angenommen „fantastische Mineralien“, sondern „Sammlerträume und ihre mineralogischen Phantasien“, wie es in der deutschen Übersetzung der Veranstalter-Homepage geschrieben steht. Nur als kleine Anmerkung: Hier wäre es nicht schlecht, die Titel-Beschriftung der Schaukästen vielleicht doch künftig mehrsprachig auszuführen, so wie es im Zentrum einiger Vitrinen der Fall war. Schließlich handelt es sich um eine internationale Veranstaltung! In insgesamt 27 Vitrinen und Schaukästen konnte man die Ausstellungsstücke von sechs Museen und 11 Privatsammlern zu verschiedenen Themen bewundern. Eine detaillierte Beschreibung aller sehenswerten Vitrinen und Exponate würde den Rahmen dieses Börsenrückblicks sprengen, darum habe ich versucht, einige hervorzuheben, um all denen einen kleinen Überblick zu verschaffen, die leider nicht anwesend sein konnten. Das NHM London stellte mehrere Schaukästen. Unter „Trésors français à Londres“ – französische Schätze in London – firmierten eine rund 12 cm hohe Stufe mit Malachit nach Cuprit auf Azurit, gefunden 1912 in Chessy-les-Mines, Rhône, Frankreich oder ein 12 cm breites Kabinettstück mit Weltklasse-Kassiterit auf Quarz, aus La Villeder, Morbihan. Dazu kamen noch zwei weitere Vitrinen, eine mit englischen Fluoriten, darunter viele tolle Stücke aus Cornwall und eine mit englischen Klassikern. Hier standen berühmte schachtelförmige „Siderite box“-Pseudomorphosen nach Fluorit aus Tavistock, Devonshire, Lirokonit aus Wheal Gorland oder Bournonit aus der Herodsfoot Mine, beide Cornwall. Das MNHN Paris lüftete seine „Secrets des tiroirs“ – Geheimnisse der Schubladen, die hier überwiegend aus Fluorit bestanden. Aber auch Proustit aus Freiberg, Pyrargyrit aus San Genaro, Peru oder ein großer Rubellit aus Pala, Kalifornien war hier zu bestaunen. Der Privatsammler Gilles Emringer zeigte unter „Pour tout l´art du monde“ die Kunst der Welt, auf das Reich der Mineralien umgelegt. Gold, in Oktaedern mit bevorzugtem Kantenwachstum, Würfeln oder Federn, wurde hier hauptsächlich mit grünen Gegenstücken aus Kupfermineralien oder Pyromorphit verglichen. „Rêve d´expert“ – Expertenträume machte Alain Martaud visuell erkennbar, unter anderem durch eine über 20 cm hohe Stufe mit farnartigen Goldkristallen aus dem Joyce Gang, Fire Creek, Nevada/USA (Privatsammlung), gleich daneben ein rund 6 cm großer Proustit aus Freiberg, Sachsen, gefunden 1957. Weiters träumte der Experte noch von Rhodochrosit aus N´chwaning, Südafrika, Amethyst aus Traversella, Italien, sowie Boleit und Cumengeit aus El Boleo, Mexiko. Alle erwähnten Stücke stammen aus dem Musée Mines ParisTech. Die Universität Straßburg spielte mit der Vitrinenüberschrift „Des trésors allemands à Strasbourg“ – deutsche Schätze in Straßburg – ein wenig auf die wechselhafte Geschichte der Stadt an, heutzutage offizieller Sitz des Europäischen Parlaments. Der schöne doppelendige Calcit aus Idar-Oberstein war allerdings schon vergangenes Jahr zu sehen. Das gleiche gilt auch für einige andere Stücke auf dieser Sonderschau, die man bereits aus vergangenen Ausstellungen kannte. Ausgestellt waren auch der größte Apatitkristall aus dem Fichtelgebirge. Solche Topstücke sind leider nicht unbegrenzt verfügbar, aber trotzdem immer wieder, auch zum wiederholten Male, gerne gesehen. Lustig war auch der Schaukasten unter dem Titel „Pierres coquines“ – freche Steine oder auch frei übersetzt „Steine, welche die Phantasie anregen“. Eine als „Madonnas Lippenstift“ bezeichnete Lithophyse vom Agate Creek, Queensland, Australien war hier noch am ehesten jugendfrei. Auf mögliche Phantasien, welche die Form diverser Malachit- oder Calcit-Stalaktiten, sowie Chalcedonbildungen in den Köpfen der Betrachter angeregt haben könnten, soll hier nicht näher eingegangen werden. Zuletzt möchte ich noch an vier montanhistorisch besonders wertvolle Vitrinen denken, welche die Bezeichnung „Rave party I-IV“ trugen. Eine linsenförmige Tunnellampe wird in Frankreich als „Rave“ bezeichnet. Aufgrund der gleichen Schreibweise mit einer Techno-Party wurde dafür dieses Wortspiel verwendet. In diesen Schaukästen befanden sich Erzmineralien, kombiniert mit wunderschönen Bergbaulampen und Bergbauutensilien, hauptsächlich aus der Privatsammlung von Fréderic Kuhn. Darunter auch eine hochwertige Bergbarte (Paradeaxt) aus Sachsen, mit der Jahreszahl 1670 im verzierten Elfenbeingriff. Die Sammlerszene dankt dem Veranstalter für eine gelungene Organisation und freut sich schon auf ein Wiedersehen in Sainte-Marie im nächsten Sommer, vom 27.-30. Juni 2019.

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